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Zeitgenossen
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Zeitgenossen

Zeitgenossen im Album Tour de France 1903

Zugegeben, es ist kein radsportliches Bild, sondern bloß potentielle Zuschauer der ersten Tour de France vor 106 Jahren. Das Foto soll die Atmosphäre im Paris der Belle Époque symbolisieren, und den folgenden Text begleiten, der die Stimmung vor dem großen Start
beschreibt.
Einige Tage davor waren schon Teilnehmer aus der Provinz oder dem Ausland in Paris angekommen, und sie hatten den Hauptsitz der Zeitung „L’Auto“ (heute „L’Équipe“,
12 rue du faubourg Montmartre, besucht.
Dort wurden sie freilich nach ihren aktuellen Gefühlen gefragt.
Der Direktor der Zeitung, Géo Lefèvre, hat die folgenden Äußerungen gesammelt, und vor Jahren habe ich die Möglichkeit gehabt heranzukommen…

Der zukünftige Sieger, Maurice Garin, bereits beim PBP 1901 erfolgreich gewesen, meinte:
„-Ich weiß, dass es sehr schwer sein wird, aber es macht nichts. Es ist eben das, was ich mir wünsche. Ich bin recht zuversichtlich, dennoch ist es sehr schwierig zu schwören, dass man gewinnen wird: die Straße ist heimtückig.
Wenn ich nicht Sieger werde, kann man davon ausgehen, man wird mich wohl auf einer Träge ins Krankenhaus eingeliefert haben müssen. Es wird eine famose Schlacht sein.“

Der Deutsche Josef Fischer, der erste Sieger von Paris-Roubaix im Jahre 1896, auch erfolgreich beim Bordeaux-Paris im Jahre 1900 war auch schon in der französischen Hauptstadt. Er sagte:
„-Ich bin gut vorbereitet, die Tour de France, das ist etwas für mich, schwere Rennen habe ich schon immer gern gehabt, und das da, das wird der Rekord der Rekorde sein. Mein alter Gegner Maurice Garin ist zwar auch da, aber wissen Sie noch wie wir zusammen beim Parc des Princes im Bordeaux-Paris 1900 angekommen sind? 600 Km lang hat er mich nicht abhängen können… Ich habe eher mehr Ausdauer heute als vor drei Jahren.
Aucouturier kenne ich weniger, aber ich denke nicht, dass er Garin schlagen kann, und dann
wird er mich auch nicht schlagen können.“

Der eben erwähnte Aucouturier sagte:
„-Mir ist es noch nie so gut gegangen. Ich bin zuversichtlich, und befürchte niemanden, weder
Garin noch Fischer.“

Pasquier, Chapperon, Wattelier, und Georget waren zusammen, und haben alle sinngemäß behauptet:
„-Ich bin in guter Verfassung, und bereit für die Schlacht.“

Rudolf Muller sagte lächelnd:
„-Es bleibt nur eins übrig, man muß zur Startlinie hin… Die Cleverles, die die ganze Welt schlucken wollen, werden am Mittwoch um drei Uhr stolzer sein als einige Tage später.
Ich werde warten, bis sie müde werden, und merken Sie sich, dass Müller nicht nur am Start anwesend sein wird, sie werden ihn auch am Ziel wiedersehen. Und nun gehe ich auf die Boulevards etwas spazieren.“

Weitere Teilnehmer haben sich blicken lassen, die Belgier Samson und Sales, Mounier aus La Rochelle, Payan aus Alais, Jean Fischer, der Bergkletterer aus Barroy. Fast alle haben gemeint:
„-Diesmal handelt es sich nicht mehr um Bordeaux-Paris; womöglich können manche gleich nach dem Start schneller fahren als ich, aber mit der zunehmenden Distanz wird man sich wiedersehen. Es ist allein eine Sache der Ausdauer.“

Der jüngste Teilnehmer, Pernette, aus Paris ,war gerade 18, hatte aber schon eine große Erfahrung.. Er hoffte einen guten Platz belegen zu können.

Lassartigues, auch aus Paris, war 29: er war ein guter Fahrer mit sehr viel Ausdauer-
Er sagte:
„-Letztes Jahr war ich Zweiter in Buenos Aires in einem Rennen über vier Tage: es muß klappen…“

Magdalein war auch 29: er war gut vorbereitet.
„Vor zwei Jahren habe ich den neunten Platz in Bordeaux-Paris belegt, obwohl ich weder Schrittmacher noch Betreuer hatte: darüber hinaus habe ich mich mehrmals verfahren…“

Lefèvre aus Tours, der 22 war, absolvierte gerade seinen Wehrdienst, allerdings hat er vom Oberst seines Regiments 25 Tage Urlaub genehmigt gekriegt.

Monachon war mit 32 Jahren ein alter Fuchs. Er hoffte auf eine gute Plazierung.

Ellinamour aus Arles war 19. Barroy war 28, allerdings konnte er sich noch nie richtig festlegen: angefangen hat er als Akrobat, dann wurde er ein beachticher Läufer, als Radfahrer würde man wohl sehen, was er taugt…

Ein bis dato unbekannter Teilnehmer kam auch:
„-Ich bin Dargassies aus Grisolles, und möchte Auskünfte über die Tour de France.“
„-Sie haben sich aber schon angemeldet: sehen Sie, sie sind da, auf der Liste.“
„-Ich weiß, aber wie spielt sich so was ab?“
„-Wieso? Seit Wochen wird es in L’Auto seitenweise ausführlich erklärt…“
„-L’Auto? Vielleicht liest man sowas in Montauban…“
:“-Montauban?“
„-Ja, Departement Tarn-et-Garonne. In Grisolles habe ich nie L’Auto gesehen. Der
Händler, der mir mein Rad verkauft hat, sagte mir, es gibt ein Radrennen rund um Frankreich,
und behauptete es sei etwas für mich.“
„-Haben Sie schon Radrennen bestritten?“
„Noch nie, aber sobald ich mein Rad hatte, bin ich nach Montauban und zurück gefahren,
es ist nichts…“
„-Und was machen Sie beruflich?“
„-Ich bin Schmied.“
„-Kennen Sie die anderen Fahrer?“
„-Nein…“
„-Maurice Garin auch nicht?
„-Nie was von ihm gehört, aber die anderen Fahrer haben auch nie was von mir gehört…“
„-Das kann man allerdings ausschließen…“
„-Sie werden mich früh genug kennenlernen…“
„-So..-„
„-Alle wollen gewinnen!
„-Es wird ein schöner Kampf sein…“

Soweit die Gemütsstimmung kurz vor dem großen Start.
Für alle Teilnehmer, Betreuer, sowie die Veranstalter war es Terra incognita….
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#1 Fiets (03.07.2009, 14:47)
Herrlich,die ganzen Anmerkungen und Anekdoten.

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TDF1974
02.07.2009, 14:53
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Tour de France 1903

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